Dotatoc-Therapie: Radiopeptidtherapien bei Somatostatinrezeptor tragenden Tumoren
Ziel
Ziel der Behandlung ist es, die nachgewiesenen Tumoren zu verkleinern und in günstigen Fällen sogar abzutöten.
Bei welchen Erkrankungen wird diese Therapie durchgeführt?
Im Körper jedes Mensch finden sich sog. neuroendokrine Zellen, die sich im Wesentlichen in der Schilddrüse, in den Lungen, im Magen-Darm-Trakt sowie in der Bauchspeicheldrüse befinden. Die Aufgabe dieser Zellen ist die Produktion von verschiedenen Botenstoffen (Hormonen). Diese Zellen können entarten und einen so genannten neuroendokrinen Tumor (kurz NET, auch Karzinoid genannt) bilden. Die neuroendokrinen Tumoren besitzen häufig bestimmte Andockstellen (Rezeptoren) für das Hormon Somatostatin an ihrer Zelloberfläche. Während diese sog. Somatostatinrezeptoren (SSTR) auch auf normalen Zellen/im normalen Gewebe vorkommen, ist ihre Dichte auf der Tumorzelloberfläche oft besonders stark erhöht. Diese Eigenschaft macht die neuroendokrinen Tumoren der nuklearmedizinischen Diagnostik und Therapie zugänglich.
Prinzip der Therapie
Bestimmte, dem Somatostatin ähnliche Substanzen (sog. Somatostatinanaloga) wie z.B. DOTATOC oder DOTATATE können radioaktiv markiert, d.h. mit einem strahlenden Teilchen verbunden werden. Intravenös verabreicht verteilen sich diese Somatostatinanaloga über den Blutkreislauf im Körper und binden an die Somatostatinrezeptoren. Ob und wie ausgeprägt die Somatostatinanaloga an die passenden Rezeptoren binden, kann mit der Positronen-Emmissions-Tomographie (PET/CT) dargestellt werden.
Voraussetzung für eine Erfolg versprechende Therapie ist eine ausreichende Anzahl von Somatostatinrezeptoren des Tumors. Um den Tumor möglichst intensiv zu bestrahlen und das gesunde Gewebe weitgehend zu schonen, wird bei der Therapie ein Teilchen wie Yttrium-90, das eine energiereiche und auf wenige Millimeter konzentrierte Strahlung aussendet, an die Somatostatinanaloga gebunden. Die Therapie kann in mehreren Zyklen (typischerweise ein bis drei) erfolgen.
Die Behandlung wird meist gut toleriert. Als häufigste Nebenwirkung kann es vorübergehend zu Übelkeit und Unwohlsein kommen. Eine anhaltende Übelkeit kann jedoch medikamentös meist gut behandelt werden. Bevor sich die Radioaktivität an den Tumor bindet wird auch – in relativ geringem Maße – der übrige Körper bestrahlt. Da das Präparat von den Nieren ausgeschieden wird, ist die Mitbestrahlung der Nieren im Sinne von Nebenwirkungen der wichtigste Punkt. Daher werden verschiedene Maßnahmen zum bestmöglichen Nierenschutz durchgeführt (siehe unter Ablauf der Therapie). Durch die Behandlung über den Blutweg kann es zu einem in der Regel vorübergehenden Absinken der roten und weißen Blutzellen sowie der Blutplättchen kommen.
Insbesondere bei Patienten mit ausgedehntem Tumorbefall der Leber kann es in der Regel vorübergehend zu Einschränkung der Leberfunktion kommen. Infolge des Unterganges von Tumorgewebe kann es zu einer im Allgemeinen kurzzeitigen, gelegentlich bis mehrtägigen Freisetzung von Botenstoffen aus dem Tumor und damit einhergehender Beschwerden wie Hitzewellen, Kopfrötung (Flush-Symptomatik), Durchfall, Atembeschwerden, Hautproblemen u.a. kommen. Andere Nebenwirkungen sind selten.
Vorbereitung
Mit einer DOTATOC- PET/CT-Untersuchung muss vor der Therapie festgestellt werden, ob die geplante Therapie Erfolg versprechend ist. Untersuchungen der Nieren und des Blutes erfolgen zumeist im Rahmen des ambulanten Vorgespräches. Wird Sandostatin® LAR- bzw. Somatuline AutoGel-Gabe oder ein vergleichbares Medikament angewendet, muss dieses einige Wochen (Monatsdepotspritze) bzw. einige Tage vor der Therapie (tägliche Spritze) abgesetzt werden, um eine mögliche Verringerung der Therapiewirkung zu verhindern.
Ablauf der Therapie
Für die Behandlung ist ein Aufenthalt von voraussichtlich drei Tagen auf der nuklearmedizinischen Therapiestation erforderlich. Dort wird das 90Y-DOTATOC als Infusion in eine Vene verabreicht. Um evtl. Nebenwirkungen der Therapie an den Nieren zu mindern, werden am Therapietag Infusionslösungen zum Nierenschutz und gegen Übelkeit verabreicht. Am Tag nach der Therapie erfolgt eine szintigraphische Aufnahme mit einer sog. Gammakamera, mit der die Verteilung der Therapiesubstanz dargestellt wird.
Kontrollen nach Therapie
Zur Kontrolle des Blutbildes müssen regelmäßige (ambulante) Untersuchungen erfolgen, um frühzeitig bei einer zu starken Abnahme der Blutzellen Gegenmaßnahmen treffen zu können. Ebenfalls müssen regelmäßig die Nieren- und Leberfunktion kontrolliert werden. Im Verlauf wird außerdem durch eine Somatostatinrezeptor-PET bzw. -PET/CT das Ansprechen der Erkrankung auf die Behandlung kontrolliert sowie die Nierenfunktion durch eine Nierenfunktionsszintigraphie überprüft.